Sprache und Geschlecht: Eine empirische Untersuchung zur “geschlechtergerechten Sprache”
Ende der 1970er Jahre entbrannte im Zuge der Frauenbewegung in Deutschland die Diskussion um die Benachteiligung der Frau auf sprachlicher Ebene. Feministinnen kritisierten die Asymmetrien im Sprachsystem der deutschen Sprache und den daraus resultierenden androzentrischen Sprachgebrauch. Insbesondere die Verwendung des generischen Maskulinums zählte zu den Angriffspunkten feministischer Sprachkritik, da diese verallgemeinernde Verwendung maskuliner Formen von Nomina und Pronomina Frauen unsichtbar mache. Derartige Formen würden oftmals gerade nicht neutral, sondern als maskuline Formen, die auf männliche Personen verweisen, verstanden. Gleichzeitig entwickelten die Feministinnen zu den aus ihrer Sicht “sexistischen” Sprachformen Alternativen und versuchten mit Hilfe sprachpolitischer Maßnahmen, einen Sprachwandel hin zu einem “geschlechtergerechten” Deutsch zu initiieren. Heute, über 25 Jahre nach Beginn der Diskussion, hat sich auf sprachlicher Ebene einiges verändert. Viele der von Feministinnen geforderten Veränderungen, wie z.B. die Einführung weiblicher Berufsbezeichnungen oder die Abschaffung der Anredeform “Fräulein”, sind umgesetzt worden. Es stellt sich nun die Frage, wie die öffentlichkeit diese Entwicklungen beurteilt, ob diese, auch rückblickend, als nützlich oder völlig überflüssig empfunden werden. Ebendieser Frage geht die vorliegende Arbeit nach. Die Grundlage der Untersuchung bilden 144 Fragebögen, die im November und Dezember 2006 im Raum Münster verteilt wurden. Ziel ist es, folgende Leitfragen zu klären: 1. Wird das Bemühen um eine geschlechtergerechte Sprache wahrgenommen? 2. Wie ist die Akzeptanz einer geschlechtergerechten Sprache? 3. Besteht die Bereitschaft, die geschlechtergerechte Sprache auch in den eigenen Sprachgebrauch aufzunehmen? Die empirische Analyse verdeutlicht, dass das Bemühen um eine geschlechtergerechte Sprache von der Mehrheit der Proband/inn/en bereits wahrgenommen wurde und zwar weitestgehend geschlechts-, alters- und bildungsunabhängig. Differenzierter stellt sich das Ergebnis hinsichtlich der Akzeptanz dar. So stehen z.B. Frauen den sprachlichen Neuerungen insgesamt positiver gegenüber als Männer. Ebenso konnte nachgewiesen werden, dass die geschlechtergerechte Sprache bei jüngeren Menschen deutlich weniger Akzeptanz findet als bei älteren. In Bezug auf die dritte Leitfrage zeigte sich, dass die Mehrheit der Proband/inn/en die geschlechtergerechte Sprache auch für den eigenen Sprachgebrauch befürwortet.