#23 – Inga Napierala (2015)

Zwischen Entspannung und Herausforderung: Sprachlich-kommunikative Merkmale und Besonderheiten im deutschsprachigen Vinyasa-Yoga

Yoga und seine positive Wirkung auf die physische und psychische Gesundheit sind in den vergangenen Jahren zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt worden. Es ist ein beliebtes Thema in den Medien und verschiedener populär-wissenschaftlicher Formate. Ärzte empfehlen ihren Patient/-innen Yoga zur Unterstützung konventioneller Behandlungsmetho-den. Und auch die deutsche Männer-Fußballnationalmannschaft hat seit 2006 einen eigenen Yogalehrer. Dies sind nur ein paar Beispiele, die verdeutlichen: Yoga ist in Deutschland ein Trend. Diese Beobachtung ist Anlass, Yoga auch aus sprachwissenschaftlicher Perspektive zu beleuchten.

Obwohl Yoga ursprünglich eine „deutlich psychospirituelle Konnotation“ (Cramer 2013: 16) hat, wird es heute (insbesondere in Europa und den USA) vornehmlich als Maßnahme zur Gesundheitsförderung erkannt. Die Übungen des Yoga, die zahlreiche Yogapositionen und verschiedene Atem- und Meditationstechniken umfassen, werden genutzt, um die Muskulatur aufzubauen, muskuläre Verspannungen zu lösen und um physische und psychische Entspan-nung herbeizuführen. Der primäre Zweck des modernen Yogaunterrichts ist es, den Yo-gaschüler/-innen diese Übungen zu vermitteln. In der vorliegenden Arbeit wird aufgezeigt, welche sprachlich-kommunikativen Verfahren, d. h. welche „grammatische[n] (syntakti-sche[n], lexiko-semantische[n]) wie auch prosodische[n] und sequentiell-interaktive[n] Struk-turen“ (Günthner 2000: 5) von den Interagierenden im Yogaunterricht verwendet werden, um diesen Zweck zu erfüllen. Untersuchungsgegenstand der Arbeit sind Vinyasa-Yogastunden (im Folgenden auch kurz: Yogastunde). Die Vinyasa-Yogastunde wird als Lehr-Lern-Situation definiert, in der ein körperlich anwesender Yogalehrer/eine körperlich anwesende Yogalehre-rin mehreren (mindestens zwei) Yogaschüler/-innen Wissen über körperliche und philoso-phisch-spirituelle Aspekte des Vinyasa-Yoga, einem modernen Yogastil, vermittelt. Mit den Methoden der Gattungsanalyse (vgl. u.a. Günthner/Knoblauch 1994) und weiterer empirisch ausgerichteter Ansätze wie der Konversationsanalyse (vgl. u.a. Bergmann 1994) und der Eth-nographischen Gesprächsanalyse (vgl. u.a. Deppermann 2000) wird dargestellt, welche sprach-lich-kommunikativen Verfahren charakteristisch für die Yogastunde sind und wie sie dazu beitragen, „Yogawissen“ zu vermitteln und Entspannung entstehen zu lassen. Diese Verfahren werden im Sinne des Konzepts der kommunikativen Gattung den jeweiligen Strukturebenen Außenstruktur, Interaktionsebene und Binnenstruktur zugeordnet und ihre Funktionen wer-den anhand verschiedener Transkriptbeispiele geklärt. Das Ziel der Arbeit ist es herauszustel-len, welche Verfahren im Kontext der Yogastunde als „verfestigt“ oder „formalisiert“ (Günthner/Knoblauch 1994: 703) gelten können und ob der Grad dieser Verfestigungen und Formalisierungen so hoch ist, dass die Yogastunde als eigene kommunikative Gattung einge-ordnet werden kann.

#22 – Larissa Böhringer (2015)

Kommunikative Verfahren in der Gattung ‚universitäre Sprechstunde‘

Die Hochschulkommunikation als Teil der institutionellen Kommunikation weckt bereits seit einiger Zeit das Interesse linguistischer Forschung (vgl. u. a. Lévy-Tödter/Meer 2009). Dabei rücken auch immer wieder universitäre Sprechstunden in den Fokus der Untersuchungen (vgl. u. a. Boettcher/Meer 2000; Kiesendahl 2011).
Der vorliegenden empirisch ausgerichteten und methodisch auf der Konversationsanalyse (vgl. u. a. Bergmann 2010) sowie dem Gattungskonzept (vgl. u. a. Günthner/Knoblauch 1994) beruhenden Untersuchung liegt ein Korpus von 30 universitären Sprechstunden zwischen Lehrenden und Studierenden zugrunde. Mit Hilfe dieses Korpus zielt die Arbeit auf die Beantwortung folgender Fragen:

  • Inwiefern können hochschulische Sprechstunden als kommunikative Gattung gelten?
  • Welche Verfestigungen zeigen sich auf den verschiedenen Gattungsebenen Außenstruktur, Binnenstruktur und situative Realisierungsebene?
  • Wie gestalten Interagierende bestimmte kommunikative Verfahren innerhalb dieser Gattung?
  • Woran zeigt sich die Ausrichtung der Interagierenden an ihrem Gattungswissen bzw. an Faktoren der institutionellen Kommunikation?

Diese zentralen Fragestellungen motivieren sich aus der Tatsache, dass universitäre Sprechstunden, obwohl Gegenstand einiger linguistischer Untersuchungen, noch nicht systematisch als kommunikative Gattung eingeordnet worden sind. Die Detailanalyse bestimmter kommunikativer Verfahren hat dabei den Zweck, anhand konkreter Gespräche aufzuzeigen, wie Interagierende diese Verfahren realisieren und sich dabei an ihrem Gattungs- und Institutionswissen ausrichten. Die Einordnung von hochschulischen Sprechstunden innerhalb des Gattungskonzepts fungiert dabei als Scharnier: Auf der einen Seite ermöglicht dieses Vorgehen, institutionell bedingte Faktoren, die die Interaktion beeinflussen, zu beschreiben, auf der anderen Seite lassen sich diese Faktoren an die vorliegenden Daten und die darin realisierten kommunikativen Verfahren rückkoppeln.
Die Ergebnisse einer solchen Untersuchung geben Einblicke, wie Interagierende eine universitäre Sprechstunde kollaborativ erzeugen und sich dabei an ihrem Gattungs- und Institutionswissen orientieren und damit zugleich den Kontext ihrer Interaktion herstellen.