#1 [SABA] Sven Weidner (2010)

Sprachkritik als Modeerscheinung

Ziel der Arbeit ist es, zu überprüfen, ob beim Thema Sprachkritik von einer Modeerscheinung gesprochen werden kann und, ob wir uns am Beginn einer eventuell neu aufkommenden Mode befinden.
Dabei werden zuerst sprachkritische Bewegungen der letzten hundert Jahre kurz skizziert. In einem weiteren Schritt wird anhand der Veröffentlichungstermine von sprachkritischen oder sprachwissenschaftlichen – sich mit der Sprachkritik beschäftigenden – Werken oder Artikeln festgestellt, dass es eine Häufung von Veröffentlichungen zu bestimmten Zeiten gab.
Um zu untersuchen, ob aktuell von einem Beginn einer neuen „Mode“ gesprochen werden kann werden aktuelle sprachkritische Ereignisse dargestellt. Hierbei wird auf die Arbeit von Bastian Sick, den Podcast der Duden-Sprachberatung und die Behandlung des Themas „Sprachkritik“ in der Schule eingegangen. Noch kann nicht endgültig bestätigt werden, dass eine neue „Mode“ beginnt, dennoch ist eine Tendenz zu beobachten, die darauf schließen lässt, dass wir uns am Beginn einer neuen Welle der Sprachkritik befinden.

#19 – Beate Weidner (2010)

Kommunikative Ungleichheiten in Fernsehdiskussionen am Beispiel von hart aber fair

Wer steuert in einer politischen Fernsehdiskussion den Gesprächsverlauf? Wer legt fest, welche Person zu welchem Zeitpunkt über welches Thema in welcher Weise etwas sagt? Mit dem Alltagswissen über Talkshows beantwortet man diese Fragen problemlos: die moderierende Person. Fernsehdiskussionen stellen eine Form institutioneller Kommunikation dar, bei der sich an die verschiedenen Positionen unterschiedliche Aufgaben, Rechte und Pflichten knüpfen. Es liegt ein typisches Beispiel für eine asymmetrische Interaktionssituation vor. Als Vertreterin der Institution verfügt die Moderation zweifelsohne über gewisse Steuerungsressourcen, mit denen sie den Gesprächsverlauf beeinflussen kann. Die Gäste aus der Politik und Wirtschaft nutzen ihren Auftritt in der Sendung jedoch zum Zweck der Selbstdarstellung, der ihnen Gelegenheit bietet, Imagearbeit zu betreiben. Diese Beobachtung zum kommunikativen Verhalten der Gäste lässt bezweifeln, dass die Steuerung des Gesprächsverlaufs uneingeschränkt in den Händen des/der Moderators/in liegt.

Mit einer Analyse der an der sprachlichen Oberfläche sichtbaren kommunikativen Ungleichheiten zielt die Arbeit auf die Erfassung positionsspezifischer Spielräume zur Gesprächssteuerung, die dem Moderator sowie den Gästen der Sendung hart aber fair zur Verfügung stehen. Zu diesem Zweck wird in den Bereichen der Turnwechselorganisation, der Themenbehandlung und der Frage- und Antwortstrategien untersucht, inwieweit der Moderator die Gesprächssteuerung behaupten kann und welche Möglichkeiten zur Gegensteuerung für die Gäste bestehen, durch die sie von passiv Antwortenden zu Akteur/inn/en der Gesprächsgestaltung werden. Im Zentrum des Forschungsinteresses steht demnach die Frage nach der Entstehung, Aushandlung und Etablierung von kommunikativen Asymmetrien zwischen den Interagierenden.

#18 – Amelie Hauptstock (2010)

Prosodie in Alltagserzählungen. Zur Konstitution von kohäsiven Einheiten

Schon als Tier hat der Mensch Sprache. Alle heftigen und die heftigsten unter den heftigen, die schmerzhaften Empfindun- gen seines Körpers, alle starke Leidenschaften seiner Seele äußern sich unmittelbar in Geschrei, in Töne, in wilde, un-artikulierte Laute. (Herder 1776: 5) Folgt man Herders Idee, dass der Ursprung der Sprache im Ausdruck von Gefühlen, vor allem von Schmerzempfinden liegt und existentiell mit einem (instinktivem) Bedürfnis nach Mitteilung verbunden ist, so überrascht es geradezu, dass dem Ton der gesprochenen Sprache in der heutigen Zeit keine primäre Aufmerksamkeit gewidmet wird und das Reden eine unter vielen Kommunikationsarten geworden ist. Dabei ist es vor allem der Ton, wissenschaftlich ausgedrückt die Prosodie, die dazu beitragen kann, dass eine Unterhaltung funktioniert, dass sie strukturiert wird und dass Gefühle, Stimmungen oder Befindlichkeiten und damit Bedeutungen übermittelt werden. Dass das alltägliche Sprechen miteinander funktioniert, liegt auch an konventionell und kulturell verankerten Formen, von denen das Erzählen eine ist. Als rekonstruktive Gattung bieten Erzählungen und narrative Sequenzen die Möglichkeit, das Rederecht über einen längeren Zeitraum an einen Erzähler/eine Erzählerin zu übergeben. Dabei können die einzelnen Abschnitte oder auch Phasen einer Erzählung aufgrund des interaktiven Charakters von Alltagsgesprächen unterbrochen, abgebrochen, ergänzt, erweitert werden, ohne von der eigentlichen narrativen Struktur abzuweichen. Ein Mittel, um diese eingeschobenen Sequenzen als eben solche Einschübe zu markieren, ist der Einsatz von prosodischen Phänomenen. Mittels prosodischer Konturen können auditiv wahrnehmbar kohäsive Einheiten konstruiert werden, die als Nebensequenzen interpretiert werden können. Dies wird in der vorliegenden Arbeit anhand von Praat- und Transkriptanalysen verdeutlicht werden.

#17 – Lars Wegner (2010)

Unverbundene “wenn”-Sätze in der deutschen Gegenwartssprache

Betrachtet man wenn-Konstruktionen des Typs wenn isch FRAU wär, isch würd im sommer NUR kleid tragen. oder wenn dir son ding gegen [(.)] gegens AUto: (.) knAllt, (-) das is schon ganz schön HEFtich und so., wie sie in der gesprochenen Sprache häufig vorzufinden sind, ist es nicht verwunderlich, dass sie von einem Großteil schriftsprachlich sozialisierter MuttersprachlerInnen als „ungrammatisch“ oder schlichtweg „falsch“ gedeutet werden; so würde man – wie diverse schriftsprachlich ausgerichtete Grammatiken propagieren – nach Abschluss des wenn-Satzes doch zunächst den Anschluss eines mit „dann“, „so“ oder einem finiten Verb eingeleiteten Folgesyntagmas erwarten (wie z. B. „Wenn ich Hunger habe, (dann/so) esse ich etwas.“). Statt der für das normierte Schriftdeutsch gewöhnlichen syntaktisch integrierten Anschlussstruktur an den wenn-Satz findet man hier, in Ausschnitten des gesprochenen Deutsch, Folgesyntagmen vor, welche die Verbstellung eines selbstständigen Hauptsatzes aufweisen.
Ziel der vorliegenden Magister- bzw. Staatsexamensarbeit ist es zu zeigen, dass derartige „unverbundene wenn-Konstruktionen“ (Günthner 1999) nicht etwa als versehentlich hervorgebrachte Produkte ihrer in grammatischer (bzw. syntaktischer) Hinsicht nur unzureichend gebildeten BenutzerInnen angesehen werden können; vielmehr wird deutlich, dass Interagierende diese ganz gezielt und bewusst einsetzen, und zwar als „Projektorkonstruktionen“ (Hopper 2005, 2006; Günthner 2006a, 2007b,c, 2008a,b), die als „Lösung [der] [] im Prozess der Interaktion sich gleichzeitig stellenden komplexen Aufgaben [fungieren]“ (Günthner 2008a: 109). Die Gliederung der Arbeit trägt der o.g. Zielsetzung Rechnung: Zunächst geht es in Kapitel 2 darum, die Sicht traditioneller, meist schriftbasierter Grammatiken einzuholen: Werden unverbundene bzw. nicht-integrierte wenn-Sätze in Anbetracht der geschriebensprachlichen Ausrichtung überhaupt erwähnt? Wenn ja, welche kommunikativen Funktionen werden mit ihrer Verwendung in Verbindung gebracht? In Kapitel 3 gilt es, einen Blick in die Forschungsliteratur fernab grammatischer Darstellungen zu werfen: Welchen Einblick gewährt sie in die Funktionsweise dieser häufig als „fehlerhaft“ gedeuteten syntaktischen Konstruktion? Auf Basis der in diesem Kapitel gewonnenen Erkenntnisse wird in Kapitel 4 eine genauere Eingrenzung bzw. Präzisierung der Fragestellung vorgenommen, die bestimmte, für die gesprochene Sprache charakteristische Aspekte der Zeitlichkeit – basierend auf Konzepten Auers („on line“-Syntax) und Hoppers („Emergent Grammar“) – systematisch zu berücksichtigen versucht. Der Grundstein für den in Kapitel 6 folgenden Hauptteil dieser Arbeit, der sich zum Ziel setzt, sich den aufgeworfenen Fragen in empirischer Hinsicht, d. h. auf Grundlage der Analyse realer Sprachdaten (informellen Face-to-Face-Interaktionen sowie medial vermittelten Kontexten (z. B. „Big Brother“, „Domian“ etc.) entspringend), zuzuwenden, wird mit einem knappen Methodenteil in Kapitel 5 gelegt. Dieser informiert über das herangezogene Datenkorpus und die Vorgehensweise bzw. Methodik bei der Analyse des sprachlichen Materials. Im Schlussteil dieser Arbeit, in Kapitel 7, werden die Analyseergebnisse der Untersuchung zusammengefasst, die Erkenntnisse der Untersuchung in einen größeren Forschungszusammenhang eingeordnet, und es wird ein kurzer Ausblick auf ein Aufgabengebiet gegeben, welches für die zukünftige Forschung eine bedeutsame Rolle spielen könnte.

(Schlüsselwörter: wenn-Konstruktion(en), Emergent Grammar, „on line“-Syntax, Projektion(en), Projektorkonstruktion(en))

#16 – Elisa Franz (2010)

Kommunikative Verfahren beim SpeedDating – eine empirische Gattungsanalyse

SpeedDating ist eine vergleichsweise junge Form der organisierten Partnerschaftsvermittlung, die sich zunehmender Popularität erfreut. Interessant am SpeedDating ist nicht nur, inwiefern die institutionelle Einbindung der Partnerwahl Einfluss auf das Gesprächsverhalten der Teilnehmer/-innen nimmt, sondern auch inwiefern das SpeedDating-Gespräch von den Gesprächspartnern/-innen interaktiv erzeugt wird. Der vorliegende Beitrag untersucht die kommunikativen Verfahren, die in den SpeedDating-Gesprächen von den Teilnehmenden verwendet werden. Grundlage dafür sind empirische Daten aus 49 Gesprächen eines im März 2008 stattgefundenen und mit Audiogeräten aufgezeichneten SpeedDatings in Münster.

Im Mittelpunkt steht die Frage: Gibt es Standardisierungen und Verfestigungen, die sich als typische kommunikative und damit konstitutive Merkmale für das SpeedDating-Gespräch herausstellen, so dass man das SpeedDating-Gespräch als eigene kommunikative Gattung bezeichnen kann?
Die Gespräche werden dazu im Sinne der Gesprächsanalyse nach formalisierten, spezifischen Mustern und Routineformeln überprüft. Da es beim SpeedDating im Wesentlichen um das Herausfinden einer Passung geht, werden die kommunikativen Verfahren mit denen anderer Gattungen verglichen, bei denen ebenfalls eine Passungsüberprüfung vorgenommen wird, wie beispielsweise mit der des Bewerbungsgesprächs und der Courtshipkommunikation (Erstkontaktkommunikation). Welche sprachlichen Verfahren werden bei der Selbstdarstellung, der Positionierung zu bestimmten Sozialkategorien, dem Flirten und dem Einsatz von Schlüsselwörten im Sinne des Impression Management eingesetzt und wie wird eine Passung mit den Gesprächspartner/-innen ausgehandelt und konstituiert?

Schlüsselworte: Kommunikative Gattungen, Conversation Analysis, Face-work, Courtship, Selbstdarstellung, Passungsüberprüfung.