Radio-Phone-Ins: zwischen Beratung und Medieninszenierung
Im Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit liegt es, die Interaktionsform ‘Beratungsgespräche im Radio’ anhand von authentischem Datenmaterial zu analysieren und die sprachlich-kommunikativen Mittel herauszustellen, die Interagierende in Radio-Beratungssendungen einsetzen. Zu diesem Zwecke wurde eine empirische Untersuchung von neun Radio-Gesprächen der Eins-Live-Sendung Domian durchgeführt, die methodisch auf den Prinzipien der linguistischen Gesprächsforschung bzw. der Konversationsanalyse basiert. Die Tatsache, dass die Radiosendung zugleich von einem großen Zuhörerpublikum verfolgt wird und somit als Unterhaltung medial inszeniert wird, bedingt, dass mitfühlende Beratung und bloße Medieninszenierung in diesem Gesprächstyp nahe beieinander liegen. Ziel der Analyse ist, am Datenmaterial nachzuweisen, wie der Gesprächstyp Beratungsgespräch interaktiv hergestellt wird, welche Organisation die Gespräche aufweisen und inwiefern der mediale Kontext die Gesprächsführung der Interagierenden beeinflusst. Es soll zudem veranschaulicht werden, wie der Moderator nach zwei Seiten hin kommuniziert, d.h. gleichzeitig ein auf die persönlichen Bedürfnisse des Anrufers zugeschnittenes Beratungsgespräch führt und für die Zuhörer eine interessante Sendung gestaltet.
Dabei stellt sich heraus, dass die analysierten Beratungsgespräche in Phasen organisiert sind und sowohl konstitutive Elemente, wie den Ratschlag und dessen Begründung, als auch optionale sprachliche Mittel aufweisen. Der Einfluss des medialen Kontextes auf die Gesprächsorganisation zeigt sich an den interaktiven Techniken des Moderators, der mittels Fragen, Unterbrechungen und unmittelbaren Anschlüssen das Gespräch thematisch steuert und versucht, dadurch das Interesse des Publikums zu halten. Die Strategien des Moderators durch direkte und indirekte Ansprache ein doppeltes “recipient design” zu verfolgen und den jeweiligen Anrufer und das Publikum zu adressieren, konnte in der Detailanalyse ebenfalls beobachtet werden.
In der Untersuchung tritt klar zutage, dass gewisse Faktoren in starkem Maße das interaktive Verhalten der Gesprächspartner, insbesondere das des Moderators, beeinflussen. Die vorliegende Arbeit thematisiert, dass Beratungsgespräche im Radio-Phone-In gewissen Zwängen unterliegen, wozu Zeitdruck, eine doppelte Rezipientenschaft, der Unterhaltungswert für die Zuhörer und eine zufrieden stellenden Beratung des Anrufers zählen.