#32 – Tobias Werning (05/2018)

„i kOmm glei NOMma“ vs. „TSCHÜ_üss“: Eine vergleichende gesprächsanalytische Untersuchung von ärztlichen und pflegerischen Gesprächsbeendigungen in Interaktionen mit PatientInnen

Im Rahmen dieser Arbeit werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ärztlichem und pflegerischem Sprechen in Gesprächsbeendigungen mit PatientInnen auf der Palliativstation herausgestellt. Konzeptionell beruht die Arbeit auf einer qualitativ ausgerichteten Gesprächsanalyse. In der Arbeit werden jeweils vier Gesprächspraktiken auf ärztlicher und auf pflegerischer Seite innerhalb von Beendigungen analysiert.
Das Untersuchen von Gesprächspraktiken liegt im Schnittpunkt einer formal- und funktionsbezogenen Analyse (vgl. Deppermann 2008: 16). Der Beitrag zielt darauf ab, formale Strukturen innerhalb der Praktiken herauszustellen und deren Funktionalität im spezifischen Kontext der medizinischen und pflegerischen Kommunikation vergleichend aufzuzeigen. Dabei wird ersichtlich, dass die Institutionsgebundenheit der AkteurInnen dafür sorgt, dass per definitionem gleichen Praktiken unterschiedliche Funktionen in Gesprächsbeendigungen zukommen.

Schlagworte: Gesprächsanalyse, Medizinische Interaktion, Arzt-Patienten-Kommunikation, Pflege-Patienten-Kommunikation, Gesprächsbeendigungen, Closings

#31 – Sophie Keiten (05/2018)

Formen und Funktionen von „keine Ahnung“ im Gespräch

Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die Nominalphrase keine Ahnung. Anders, als es auf den ersten Blick scheinen mag, wird die Phrase nicht nur als Responsiv gebraucht, sondern ist in ihrer Verwendung vielfältiger und von bedeutsamer interaktiver Relevanz. Als rekurrentes Phänomen der gesprochenen Alltagskommunikation wird keine Ahnung in verschiedenen Verwendungsweisen und -kontexten gebraucht und ist durch unterschiedliche Funktionen gekennzeichnet.
Der vorliegende Beitrag verfolgt das Ziel, diese Polyfunktionalität und Formenvielfalt der Nominalphrase keine Ahnung aufzuzeigen. Die Basis der empirischen Analyse bildet die Forschungsperspektive der Interaktionalen Linguistik, die die soziale Interaktion als Bezugspunkt festsetzt. Als formale Kriterien werden zum einen die zeitliche Orientierung und zum anderen die Position der Phrase in der TCU bzw. ihre TCU-Wertigkeit angelegt. Die Analysen machen deutlich, dass verschiedene Formen von keine Ahnung mit spezifischen interaktiven Leistungen einhergehen. Das Funktionsspektrum reicht vom epistemischen Marker, der durch den epistemic stance (Nicht-)Wissen anzeigt, über die pragmatische Ebene bis hin zur metapragmatischen Verwendung als Diskursmarker. Die Ergebnisse der Untersuchung verdeutlichen, dass keine Ahnung in der Alltagskommunikation eine hochrelevante interaktive Ressource ist.

Schlagworte: Interaktionale Linguistik, Gesprächsanalyse, Diskursmarker, epistemic stance, pragmatischer Marker

 

#30 – Robin Schneider (04/2018)

Formen und Funktionen von jaja in der gesprochenen Sprache

Der vorliegende Beitrag beschreibt das Formenspektrum der Doppelpartikel jaja im gesprochenen Deutsch auf syntaktischer und sequenzieller Ebene sowie ihre jeweilige Funktion. In ihrer Forschung zeigen Fagyal und Golato (2006, 2008) den Unterschied zwischen zwei Formen dieser Doppelpartikel auf, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Barth-Weingarten (2011) erweitert diese um weitere vier Formen, weist aber darauf hin, dass es noch weitere geben könnte. Ziel dieses Beitrages ist es, die bisherige Forschung zur Verwendung von jaja in der gesprochenen Sprache zu ergänzen. Die Datenanalyse erfolgt auf Basis von Daten des Korpus „Multimodale Interaktion“ (KoMI) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und des „Forschungs- u. Lehrkorpus für gesprochenes Deutsch“ (FOLK) des Instituts für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim. In diesem Beitrag wird die Frage beantwortet, welche der von Fagyal, Golato und Barth-Weingarten beschriebenen responsiven Formen dort auftreten und ob sich noch bisher unbeschriebene Formen der Doppelpartikel jaja identifizieren lassen.

Schlagworte: Wiederholung, Partikeln, JAJA, Gesprächsanalyse, formelle und informelle Gespräche

#29 – Isabella Buck (12/2017)

„sonst- (-) bin ich kein richtiger CHRIST,“:
Positionierungen durch Membership Categories in narrativen Interviews mit evangelikal-konservativen, homosexuellen ChristInnen

Homosexualität wird in evangelikal-konservativen Gemeinden, die sich an einer besonders strengen Bibelauslegung orientieren und nicht der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unterstehen, als widernatürlich, als nicht gottgewollt und deshalb als Sünde betrachtet (vgl. Guske 2014: 120f.). Die dort propagierte Inkompatibilität zwischen christlichem Glauben und Homosexualität birgt ein immenses Konfliktpotential für ChristInnen, die von der in solchen Kreisen vorherrschenden theologischen Meinung geprägt sind, jedoch allmählich feststellen, dass sie selbst homosexuell empfinden: Zugehörigkeit muss dann neu bestimmt, Eigen- und Fremdbilder müssen überdacht und Auffassungen von Gut und Böse hinterfragt werden (vgl. Hinck 2012: 11ff.).
Vor diesem Hintergrund betrachtet die vorliegende Arbeit die Positionierungen von schwul-lesbischen, evangelikal-konservativ geprägten ChristInnen, die im Rahmen narrativer Interviews ihre Lebensgeschichte erzählen. Auf Basis einer interaktiv ausgerichteten Membership Categorization Analysis (vgl. u.a. Stokoe 2012) wird danach gefragt, welche Kategorien die Interviewten im Themenfeld Glaube/Kirche und Sexualität eröffnen und welche Selbst- und Fremdpositionierungen sie mit der Verwendung dieser Kategorien vornehmen. Ferner eruiert die Arbeit, wie die SprecherInnen die einzelnen Kategorien bewerten und sich selbst dadurch als Mitglieder der besser evaluierten Kategorien positionieren. Zuletzt besteht das Erkenntnisinteresse in Anlehnung an das Homonormativitätskonzept der Queer Linguistik (vgl. Motschenbacher/Stegu 2013: 524) auch darin, herauszuarbeiten, welche ‚Homonormen‘ etabliert, d. h. welche Formen von Homosexualität als moralisch erhaben dargestellt werden.
Hierbei wird deutlich, dass die Interviewten Kategorien als systematische Ressource für Selbst- und Fremdpositionierungen einsetzen und dadurch situativ Normen für ein moralisch angemessenes, verantwortungsvolles Leben als homosexuelle ChristInnen etablieren. Ferner zeigt sich, wie die InterviewpartnerInnen mittels der durch Kategorisierungsprozesse vollzogenen Positionierungsaktivitäten ihre eigene moralische Überlegenheit demonstrieren und gleichzeitig die Mitglieder anderer Kategorien abwerten.

Schlagworte: Positionierung; Membership Categorization Analysis; Homonormativität; Narratives Interview; doing identity; Gesprächsanalyse

#28 – Patricia Wiemer (11/2017)

Die kommunikative Rolle dritter Personen und ihre sprachlichen Beteiligungsverfahren im onkologischen Aufklärungsgespräch – Eine gesprächsanalytische Untersuchung

#Abstract folgt#

Schlagworte: Konversationsanalyse, Gesprächsanalyse, Angewandte Gesprächsforschung, triadische Kommunikation, Arzt-Patienten-Kommunikation, medizinische Kommunikation, Adressierungsverfahren, Referenzen, sprachliche Beteiligungsverfahren, kommunikative Rolle, Begleitpersonen, onkologische Aufklärungsgespräche

#27 – Tim Moritz Hector (08/2017)

Nutzungskontexte und Dialogizität von WhatsApp-Sprachnachrichten

In Deutschland ist die Messenger-App WhatsApp auf 91 Prozent aller Smartphones installiert (vgl. Dürscheid/Frick 2014: 162), 99 Prozent aller Haushalte besitzen eines (vgl. JIM-Studie 2016: 6). 95 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren nutzen WhatsApp täglich bzw. mehrfach pro Woche (vgl. JIM-Studie 2016: 32) und WhatsApp ist damit mit Abstand der meistgenutzte Messenger-Dienst in Deutschland.
Während für SMS-Nachrichten bereits festgestellt wurde, dass diese in hohem Maße dialogisch sind (vgl. Günthner 2011), unterscheiden sich WhatsApp-Nachrichten sowohl im Hinblick auf ihre sprachlichen Merkmale als auch ihre sequentielle Einbindung (vgl. König 2015a; Wyss/Hug 2016). Die Unterschiede fallen besonders mit Blick auf die Multimodalität von WhatsApp auf: Über den Messenger können nicht nur Textnachrichten, sondern auch Videos, Audios, Weblinks, Standortangaben, Statusmitteilungen, Dokumente und innerhalb der App produzierte Sprachnachrichten verschickt werden (vgl. Arens 2014). Durch die Verschränkung dieser verschiedenen Zeichensysteme miteinander entstehen „neue kommunikative Praktiken“ (Wyss/Hug 2016: 262).
In der Arbeit sollen daher WhatsApp-Sprachnachrichten (auch Push-to-talk-Nachrichten) auf Grundlage eines Korpus von 159 einzelnen und nach GAT2 transkribierten Sprachnachrichten, die aus WhatsApp-Interaktionen von 17 Personen stammen, genauer untersucht werden. Erstens soll grundlegend beschrieben werden, zu welchen Anlässen und in welchen kommunikativen Situationen NutzerInnen Sprachnachrichten gebrauchen. Zweitens soll aufgeigt werden, inwiefern Sprachnachrichten in ihrem sequentiellen Kontext Merkmale von Dialogizität aufweisen, obwohl sie – ähnlich wie Anrufbeantworter-Nachrichten (vgl. Knoblauch 1995) – keine Parallelität von Produktion und Rezeption ermöglichen, sondern als „quasi-synchron[e]“ (vgl. Dürscheid/Frick 2014: 177) Kommunikationsform charakterisiert werden. Mithin wird abschließend diskutiert, welcher terminologische Rahmen geeignet ist, um die dynamischen Entwicklungen der medial vermittelten Interaktion vor dem Hintergrund einer zunehmenden Hybridität der Kommunikationsformen adäquat beschreiben zu können.

#26 – Nathalie Bauer (2016)

Onymische Anredeformen in computervermittelter Kommunikation – zur vokativen Verwendung von Rufnamen in WhatsApp-Interaktionen

Während zum interaktionalen Gebrauch nominaler Anredeformen in der Face-to-face-Interaktion bereits einzelne empirische Untersuchungen vorliegen (Günthner i.Dr.; Clayman 2012, 2013; Butler et al. 2011; Rendle-Short 2007, 2010; Norrick/Bubel 2009; Lerner 2003; Schwitalla 1995, 2010), ist der vokative Gebrauch von Namen in der computervermittelten Kommunikation bislang – außerhalb von Begrüßungs- und Verabschiedungssequenzen (Günthner/Zhu 2016; de Oliveira 2013; Schmidt/Androutsopoulos 2004) sowie zur direkten Adressierung in computervermittelten Mehrparteieninteraktionen wie beispielsweise dem Chat (Anglemark 2006; Runkehl et al. 1998) – nicht näher systematisch betrachtet worden. Hier setzt das zentrale Erkenntnisinteresse der vorliegenden Analyse an, die die Gebrauchskontexte, sequenziellen Einbettungen und Funktionen onymischer Anredeformen in computervermittelten Interaktionen außerhalb von gesprächsrahmenden Aktivitäten und einfachen Adressierungen, beispielsweise zur Disambiguierung von Redezuweisung, fokussiert.
Obschon onymische Anredeformen in Form von Rufnamen (Nübling et al. 2012: 108) aufgrund ihrer syntaktischen Optionalität als vokative Nominalphrasen oftmals – wie Sonnenhauser/Noel Aziz Hanna (2013: 16) es zusammenfassend konstatieren – als „mere ad hoc devices“ betrachtet werden, zeigt die vorliegende Untersuchung, dass die Verwendung onymischer Anredeformen in der Interaktion vielmehr einer gewissen Methodik im Sinne einer systematischen Positionierung zur Erfüllung bestimmter kommunikativer Funktionen unterliegt. In dieser Arbeit wird die interaktionale Funktion vokativ gebrauchter Rufnamen mithin nicht allein unter Berücksichtigung ihrer sequenziellen, sondern auch der turninternen bzw. syntaktischen Positionierung untersucht.

#25 [SABA #5] – Silvia Vogelsang (2016)

Beendigungen von Phone-In-Gesprächen

In Radio und Fernsehen hat sich in den letzten Jahrzehnten ein Format etabliert, das die üblicherweise passive Zuhörerschaft aktiv in das öffentliche Sendegeschehen mit einbringt. Es handelt sich um das Phone-In, im Rahmen dessen Zuhörer mit dem Moderator einer Sendung telefonieren können. Das Gespräch wird live im Radio bzw. Fernsehen übertragen. Das Thema eines solchen Gesprächs ist je nach Sendeformat entweder vorgegeben oder kann vom Anrufer frei gewählt werden. Den Phone-In-Gesprächen liegt eine besondere Situation zugrunde: Die Interagierenden sind sich während des Gesprächs darüber bewusst, dass oftmals tausende Menschen zuhören. Da eine Phone-In-Sendung auch einen Unterhaltungscharakter haben soll, ist davon auszugehen, dass der Moderator darauf abzielt, das Gespräch konstant interessant zu halten. Außerdem unterliegt eine Phone-In-Sendung oft strikten Zeitvorgaben. Es ist zu erwarten, dass diese besondere Gesprächssituation sich auf die Gespräche auswirkt.
Inwiefern die Gesprächssituation die Realisierungsweise von Phone-In-Gesprächen beeinflusst, soll in dieser Arbeit am Beispiel der Gesprächsbeendigungen untersucht werden. Hierbei wird gesprächsanalytisch vorgegangen. In der bisherigen Forschung wurden die Beendigungen von Privatgesprächen – im Gegensatz zu Beendigungen öffentlicher Gespräche – bereits in großem Umfang analysiert. Die vorliegende Arbeit setzt sich nun zum Ziel, herauszuarbeiten, durch welche strukturellen Merkmale sich die Beendigungen von Phone-In-Gesprächen auszeichnen und worin Unterschiede zu den typischen Beendigungsschemata privater Gespräche liegen. Ein besonderes Augenmerk wird darauf gelegt, welche Strategien genutzt werden, um die Beendigung einzuleiten und voranzutreiben. Es soll außerdem herausgestellt werden, inwiefern sich die Rahmenbedingungen des Phone-In-Formats auf die Gestaltung der Beendigungen auswirken. Auf diese Weise kann geklärt werden, wodurch es zum einen ermöglicht und zum anderen gerechtfertigt wird, dass die Beendigungen von Phone-In-Gesprächen sich von den präferierten Beendigungsschemata privater Gespräche unterscheiden.

#24 – Elisa Wessels (2016)

Von ‚Narrativer Identität‘ zur Positionierung in der Interaktion. Selbst- und Fremdpositionierungen durch Redeinszenierung im narrativen Interview mit demenzkranken Menschen

Im Zuge des sogenannten Narrative Turn (Bruner 1990) der Diskurspsychologie und der Soziolinguistik in den 1990er Jahre wurden autobiografische Erzählungen, Erzählungen von Selbsterlebtem, life stories oder auch self-narrations zu einem zentralen Zugang zu subjektiven Selbstherstellungsprozessen erklärt. Damit wurde ein Verständnis für die Besonderheit der Narrativität als sprachliche Handlung zur Identitätskonstruktion geschaffen.

Die vorliegende Arbeit reiht sich in diese Forschungstradition ein, fokussiert jedoch die empirische Erforschung von authentischem und gesprochen-sprachlichem Datenmaterial. Dabei ist das Ziel, die theoretische Idee einer „Narrativen Identität“ aus einer gesprächsanalytischen Perspektive zu verstehen und zu konkretisieren. Grundlegende Forschungsfrage ist, wie Interagierende die kommunikative Aktivität der Redeinszenierung für Positionierungszwecke nutzen und auf diese Art und Weise narrative Identität herstellen. Die Analyse orientiert sich an gesprächsanalytischen Methoden und Konzepten von Redeinszenierung (Günthner 1999, 2000a, 2002) und Positionierung (Bamberg 1997a; Lucius-Hoene / Deppermann 2004a, b). Der Forschungsfrage wird anhand von vier narrativen Interviews nachgegangen, in denen Frauen mit einer Demenzdiagnose in einem frühen Stadium dazu aufgefordert werden, aus ihrem Leben zu erzählen. In Anlehnung an prominente Beobachtungen der Sozialpsychologie (Kitwood 1998; Sabat 1991, 1994, 2001) wird eine Analysehaltung entworfen, die einen kontext-sensitiven Umgang mit Gesprächsdaten von Demenzerkrankten ermöglicht.

In diesem Sinne zeigt sich der Wert der vorliegenden Studie in zwei Aspekten: zum einen hinsichtlich der Erforschung von Formen und Funktionen kommunikativer Praktiken zur Identitätskonstruktion und zum anderen hinsichtlich einer Sensibilisierung der Linguistik für die empirische Erforschung von Gesprächsdaten dementer Menschen.

(Keywords: Narrative Identität, Positionierung, Redeinszenierung, Gesprächsanalyse, narratives Interview, Sprache & Demenz)

#23 – Inga Napierala (2015)

Zwischen Entspannung und Herausforderung: Sprachlich-kommunikative Merkmale und Besonderheiten im deutschsprachigen Vinyasa-Yoga

Yoga und seine positive Wirkung auf die physische und psychische Gesundheit sind in den vergangenen Jahren zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt worden. Es ist ein beliebtes Thema in den Medien und verschiedener populär-wissenschaftlicher Formate. Ärzte empfehlen ihren Patient/-innen Yoga zur Unterstützung konventioneller Behandlungsmetho-den. Und auch die deutsche Männer-Fußballnationalmannschaft hat seit 2006 einen eigenen Yogalehrer. Dies sind nur ein paar Beispiele, die verdeutlichen: Yoga ist in Deutschland ein Trend. Diese Beobachtung ist Anlass, Yoga auch aus sprachwissenschaftlicher Perspektive zu beleuchten.

Obwohl Yoga ursprünglich eine „deutlich psychospirituelle Konnotation“ (Cramer 2013: 16) hat, wird es heute (insbesondere in Europa und den USA) vornehmlich als Maßnahme zur Gesundheitsförderung erkannt. Die Übungen des Yoga, die zahlreiche Yogapositionen und verschiedene Atem- und Meditationstechniken umfassen, werden genutzt, um die Muskulatur aufzubauen, muskuläre Verspannungen zu lösen und um physische und psychische Entspan-nung herbeizuführen. Der primäre Zweck des modernen Yogaunterrichts ist es, den Yo-gaschüler/-innen diese Übungen zu vermitteln. In der vorliegenden Arbeit wird aufgezeigt, welche sprachlich-kommunikativen Verfahren, d. h. welche „grammatische[n] (syntakti-sche[n], lexiko-semantische[n]) wie auch prosodische[n] und sequentiell-interaktive[n] Struk-turen“ (Günthner 2000: 5) von den Interagierenden im Yogaunterricht verwendet werden, um diesen Zweck zu erfüllen. Untersuchungsgegenstand der Arbeit sind Vinyasa-Yogastunden (im Folgenden auch kurz: Yogastunde). Die Vinyasa-Yogastunde wird als Lehr-Lern-Situation definiert, in der ein körperlich anwesender Yogalehrer/eine körperlich anwesende Yogalehre-rin mehreren (mindestens zwei) Yogaschüler/-innen Wissen über körperliche und philoso-phisch-spirituelle Aspekte des Vinyasa-Yoga, einem modernen Yogastil, vermittelt. Mit den Methoden der Gattungsanalyse (vgl. u.a. Günthner/Knoblauch 1994) und weiterer empirisch ausgerichteter Ansätze wie der Konversationsanalyse (vgl. u.a. Bergmann 1994) und der Eth-nographischen Gesprächsanalyse (vgl. u.a. Deppermann 2000) wird dargestellt, welche sprach-lich-kommunikativen Verfahren charakteristisch für die Yogastunde sind und wie sie dazu beitragen, „Yogawissen“ zu vermitteln und Entspannung entstehen zu lassen. Diese Verfahren werden im Sinne des Konzepts der kommunikativen Gattung den jeweiligen Strukturebenen Außenstruktur, Interaktionsebene und Binnenstruktur zugeordnet und ihre Funktionen wer-den anhand verschiedener Transkriptbeispiele geklärt. Das Ziel der Arbeit ist es herauszustel-len, welche Verfahren im Kontext der Yogastunde als „verfestigt“ oder „formalisiert“ (Günthner/Knoblauch 1994: 703) gelten können und ob der Grad dieser Verfestigungen und Formalisierungen so hoch ist, dass die Yogastunde als eigene kommunikative Gattung einge-ordnet werden kann.

#22 – Larissa Böhringer (2015)

Kommunikative Verfahren in der Gattung ‚universitäre Sprechstunde‘

Die Hochschulkommunikation als Teil der institutionellen Kommunikation weckt bereits seit einiger Zeit das Interesse linguistischer Forschung (vgl. u. a. Lévy-Tödter/Meer 2009). Dabei rücken auch immer wieder universitäre Sprechstunden in den Fokus der Untersuchungen (vgl. u. a. Boettcher/Meer 2000; Kiesendahl 2011).
Der vorliegenden empirisch ausgerichteten und methodisch auf der Konversationsanalyse (vgl. u. a. Bergmann 2010) sowie dem Gattungskonzept (vgl. u. a. Günthner/Knoblauch 1994) beruhenden Untersuchung liegt ein Korpus von 30 universitären Sprechstunden zwischen Lehrenden und Studierenden zugrunde. Mit Hilfe dieses Korpus zielt die Arbeit auf die Beantwortung folgender Fragen:

  • Inwiefern können hochschulische Sprechstunden als kommunikative Gattung gelten?
  • Welche Verfestigungen zeigen sich auf den verschiedenen Gattungsebenen Außenstruktur, Binnenstruktur und situative Realisierungsebene?
  • Wie gestalten Interagierende bestimmte kommunikative Verfahren innerhalb dieser Gattung?
  • Woran zeigt sich die Ausrichtung der Interagierenden an ihrem Gattungswissen bzw. an Faktoren der institutionellen Kommunikation?

Diese zentralen Fragestellungen motivieren sich aus der Tatsache, dass universitäre Sprechstunden, obwohl Gegenstand einiger linguistischer Untersuchungen, noch nicht systematisch als kommunikative Gattung eingeordnet worden sind. Die Detailanalyse bestimmter kommunikativer Verfahren hat dabei den Zweck, anhand konkreter Gespräche aufzuzeigen, wie Interagierende diese Verfahren realisieren und sich dabei an ihrem Gattungs- und Institutionswissen ausrichten. Die Einordnung von hochschulischen Sprechstunden innerhalb des Gattungskonzepts fungiert dabei als Scharnier: Auf der einen Seite ermöglicht dieses Vorgehen, institutionell bedingte Faktoren, die die Interaktion beeinflussen, zu beschreiben, auf der anderen Seite lassen sich diese Faktoren an die vorliegenden Daten und die darin realisierten kommunikativen Verfahren rückkoppeln.
Die Ergebnisse einer solchen Untersuchung geben Einblicke, wie Interagierende eine universitäre Sprechstunde kollaborativ erzeugen und sich dabei an ihrem Gattungs- und Institutionswissen orientieren und damit zugleich den Kontext ihrer Interaktion herstellen.

#4 [SABA] Julian Graffe (2013)

Gattungsanalyse von Gesprächen im Nachrichtendienst des sozialen Netzwerks Facebook

Im Jahre 2004 gründete der damalige Student der Harvard University Mark Zuckerberg das soziale Netzwerk Facebook und schuf damit eine Marke, die acht Jahre nach ihrer Entstehung laut Angaben des Konzerns über eine Milliarde Menschen zu ihren Mitgliedern zählt. Von der Möglichkeit animiert, eigene Urlaubsfotos zu teilen, mit Freunden sowie Bekannten zu chatten und sich über den Werdegang längst aus dem Blickfeld geratener Weggefährten zu informieren, nutzen Menschen weltweit das vielfältige Angebot der Online-Plattform. Facebook definiert sich als Ort, an dem zwischen Menschen virtuell Verbindungen aufgebaut, Kontakte geknüpft und soziale Beziehungen gepflegt werden können, und befindet sich somit in der Tradition der computervermittelten Kommunikation.
Vor dem Hintergrund zahlreicher Forschungsansätze zu Chat- und E-Mail-Kommunikation ist die vorliegende Arbeit eine Analyse der Kommunikation zwischen Nutzern im populärsten sozialen Netzwerk und richtet ihren Fokus damit auf ein Feld, das in der Linguistik bislang nur am Rande thematisiert wurde. Sich des aktuellen Forschungsstandes bewusst, diskutiert die Arbeit aus einer gattungsanalytischen Perspektive die typischen Merkmale von Gesprächen, die im Nachrichtendienst von sechs postadoleszenten Mitgliedern einer Peergroup geführt wurden. Es werden jene Merkmale herausgearbeitet, die auf die Art und den Ablauf des Gesprächs im Nachrichtendienst einen großen Einfluss haben. Zentrales Augenmerk liegt hierbei auf der Fragestellung, ob und inwieweit die Kommunikation der Peergroup im sozialen Netzwerk vor dem Hintergrund des linguistischen Gattungsbegriffes als eigene Gattung klassifiziert werden kann.

#3 [SABA] Larissa Böhringer (2013)

Konversationelles Erzählen in der Hörspielreihe „Die drei Fragezeichen“. Ein Vergleich zur face-to-face-Interaktion

Erzählungen sind lange Zeit literaturwissenschaftliches Terrain gewesen. Auch linguistische Zugänge wie der Strukturalismus oder die Textlinguistik bezogen sich auf literarische Texte (Gülich/Hausendorf 2000: 370). Ehlich (1980: 18) stellt jedoch fest, dass das Erzählen eine „alltägliche Tätigkeit auch jenseits der professionellen Bereiche des literarischen Erzählens“ ist. Doch „[e]rst mit der Entwicklung der Pragmatik und der Gesprächsanalyse traten auch alltägliche Erzählungen ins Blickfeld [der linguistischen Forschung]. Dabei wurde alltägliches Erzählen im wesentlichen mit mündlichem Erzählen gleichgesetzt“ (Gülich/Hausendorf 2000: 370). Dass Hörspiele von einer linguistischen Fragestellung ausgehend untersucht werden, ist hingegen ein selten gewählter Ansatz. Meist ist es ebenfalls „die Literaturwissenschaft, die sich intensiv mit dem Hörspiel beschäftigt“ (Ladler 2001: 61). Zudem werden Hörspiele auch als didaktisches Mittel eingesetzt (z. B. Lermen 1983). Was die linguistische oder gar konversationsanalytische Untersuchung von Hörspielen betrifft, besteht ein Forschungsdesiderat.
In dieser Arbeit werden die zwei genannten Komponenten, das Hörspiel und das konversationelle Erzählen, miteinander verbunden. „Der Dialog ist im Hörspiel […] die Nachbildung des Gesprächs zwischen mehreren Personen“. Knilli (1961: 79; Hervorhebung im Original) trifft damit den Ausgangspunkt dieser Arbeit. Das Gesprochene im Hörspiel ist eine Nachahmung spontaner mündlicher Produktionen. Die Frage ist jedoch, wie nah diese Nachahmung der sprachlichen Wirklichkeit kommt, die in Alltagsinteraktionen zwischen Handelnden hergestellt wird. Zur Beantwortung dieser Frage wird das konversationelle Erzählen innerhalb der Hörspielserie „Die drei Fragezeichen“ mit dem konversationellen Erzählen innerhalb einer authentischen face-to-face Interaktion verglichen.
Der Fokus dieser Arbeit liegt also darauf, inwiefern das konversationelle Erzählen einer inszenierten Oralität in Hörspielen einer realen face-to-face Interaktion gleicht bzw. von ihr abweicht. Konkret geht es also um folgende Fragen: Welche Strukturen und Merkmale machen das konversationelle Erzählen in einer face-to-face Interaktion aus? Welche dieser Strukturen und Merkmale tauchen in der Hörspielinteraktion auf, welche nicht?

#21 – Vera Beckmann (2012)

Selbstdarstellung und Urteilsfindung in universitären Auswahlgesprächen zwischen Deutschen und Chinesen – Eine empirische Gattungsanalyse

In der heutigen Zeit der fortschreitenden Globalisierung und Internationalisierung unserer Lebenswelt stellen Auslandsaufenthalte eine immer wichtigere Qualifikation für Studierende dar. Der Austausch zwischen StudentInnen verschiedenster Nationen bildet damit zum einen für die jungen Menschen eine spannende und nachhaltige Erfahrung und bereichert auf der anderen Seite ebenso die Universitäten in wissenschaftlicher und kultureller Hinsicht. Um zuverlässig geeignete KandidatInnen für die begehrten Stipendien, Praktika oder betreuten Auslandsstudienplätze auszusuchen, werden Gespräche zwischen VertreterInnen der Bildungsinstitutionen und studentischen InteressentInnen geführt, in denen ein Abgleich zwischen dem Anforderungsprofil und den Qualifikationen bzw. Kompetenzen der interessierten Studierenden erfolgen kann. Diese universitären Auswahlgespräche stellen – ähnlich wie Bewerbungsgespräche in wirtschaftlichen Unternehmen – eine kommunikative Gattung dar, mit deren Hilfe die institutionelle Aufgabe der Selektion von BewerberInnen gelöst wird. Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Gesprächsdaten wurden an einer Fremdsprachenuniversität in Zentralchina erhoben und weisen charakteristische, gattungstypische Merkmale auf, die in vielerlei Hinsicht spannende Anknüpfungspunkte für eine linguistische Analyse bieten: Dozentin, KandidatIn und Protokollantin agieren in einem (zeitlich festgelegten) institutionellen Rahmen in zugewiesenen Interaktionsrollen auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen. Jede/r der Interagierenden verfolgt dabei spezifische Ziele und wirkt durch die eigenen Handlungen interaktiv an der Gestaltung des Auswahlgesprächs mit. Zudem sind Dozentin und Protokollantin deutscher und die KandidatInnen chinesischer Staatsangehörigkeit, was ebenfalls Einfluss auf die Gespräche nehmen kann. Folgende Fragestellungen leiteten die Analyse der Daten:

1. Welche kommunikativen Handlungen der TeilnehmerInnen tragen zur interaktiven Hervorbringung der Gattung ‚Auswahlgespräch‘ bei?
2. Wie lassen sich die Interaktionsrollen der Beteiligten charakterisieren und an welche spezifischen Ziele sind diese gebunden?
3. Welche kommunikativen Strategien werden genutzt, um diese Ziele zu erreichen?
4. Welche thematischen Verfestigungen zeigen sich in den Gesprächen?
5. Welche Beurteilungskriterien liegen der institutionellen Entscheidung zugrunde?
6. Inwiefern nimmt der Faktor der kulturellen Zugehörigkeit Einfluss auf die Gespräche bzw. zu welchem Zweck wird er gezielt relevant gesetzt?

Die fortschreitende Globalisierung und Vernetzung der Universitäten zeigt schon heute einen regen kulturellen Austausch in der Wissenschaft, der in Zukunft weiter zunehmen wird. Die Analyse des hier vorliegenden Datenmaterials zeigt, dass universitäre Auswahlgespräche als gatekeeping-Situationen eine wichtige Aufgabe im Kontext der Hochschulkommunikation erfüllen und zu ihrer institutionellen Weiterentwicklung beitragen. Diese ‚Schlüsselstellen̒ näher in den Blick zu nehmen und linguistisch zu untersuchen, bietet damit eine vielschichtige Perspektive auf Abläufe und Interessen der Institution, die durch die kommunikativen Handlungen ihrer VertreterInnen tagtäglich immer wieder neu hergestellt und aufrecht erhalten wird.

 

#2 [SABA] Yvonne Mende (2011)

“ich ess mir jetzt mal n müsli“ – Der Gebrauch von Konsumverben mit Dativkonstruktionen
Die Arbeit setzt sich mit einem Phänomen auseinander, das so bislang nicht in der Forschungsliteratur aufgegriffen wurde. Es handelt sich dabei um eine Konstruktion, die mir als Sprecherin sehr geläufig ist, anderen SprecherInnen aber fremd zu sein scheint. Gemeint ist die Kombination eines der Verben essen, trinken und rauchen oder deren Synonyme, die im Folgenden zur Klasse der Konsumverben zusammen gefasst werden sollen, mit einem Personalpronomen im Dativ. Die untersuchte Konstruktion lässt sich also auf folgende Formel zusammenfassen: Konsumverb mit Personalpronomen im Dativ. Ein Beispielsatz soll zur Illustration dienen: „Ich esse mir ein Brötchen“ ist die Form, in der mir dieses Phänomen bereits häufig aufgefallen ist.
Im Folgenden soll nun geklärt werden, ob sich diese Verwendung des Personalpronomens mit dieser Verbklasse einem bereits bestehendes grammatisches Phänomen zuordnen lässt oder gegebenenfalls eine neue Kategorie für diese Konstruktion enstehen muss. Außerdem soll die Funktion genauer untersucht werden. Dazu werden Daten der gesprochenen Sprache, aber auch Beispiele aus der internetgestützten Kommunikation analysiert. Zuvor soll allerdings ein kurzer Einblick in die aktuelle Forschungsliteratur gegeben werden. Gewählt wurden dazu die Bereiche der freien Dative, die Reflexivierung im Deutschen und die Kollokationen, da alle drei Aspekte zur Beschreibung des Phänomens, wie gezeigt werden wird, notwendig sein könnten.
Abschließend soll ein Ausblick darauf gegeben werden, ob diese Konstruktion regional beschränkt ist und welche Konsequenzen aus den Ergebnissen der Analyse gezogen werden könnten.